Ein Herz für Busse

C 14 – die Ruhige unter den Linien

11:31 Uhr. ZOB-Hbf.

Es geht los. Pünktlich fährt der StadtBus C 14 los. Ich bin unvorbereitet. Das einzige, was ich gelesen habe ist, dass es bis nach Dortmund-Lanstrop geht. Was wird mich unterwegs erwarten? Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Ausgestattet mit Handy und Notizblock sitze ich ganz vorne rechts. Über dem Fahrer stehen wichtige Hinweise. Ich sitze im Wagen 2067 und soll während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen. Das Mitfahren in einem Bus gehört nicht zu meinen Kernleidenschaften. Muss ich eigentlich irgendwo aussteigen, um zum Ausgangspunkt zu kommen? Ich nehme mir vor, einfach sitzenzubleiben, bis der Bus irgendwo stehenbleibt. Zur Not rufe ich mir ein Taxi, falls C 14 in der Pampa stehenbleibt und der Fahrer sagt: Das war’s Freunde. Alles aussteigen. Bis Morgen.

Wie sich allerdings später herausstellen wird, war meine Befürchtung überflüssig. Die erste Haltestelle ist gleich ein echtes Highlight, die Persiluhr. Zeitlos, wie sie ist, ist auch die Uhrzeit. Die Wahrnehmung aus dem Bus heraus ist eine ganz andere, stelle ich fest. Und welche ist das jetzt genau? Darüber denke ich mal später nach.

Nächster Halt: Marienkirche. Vor uns fährt der R 12, der aber sofort links abbiegt. Wir fahren geradeaus weiter, Richtung Lippe. Im Bus ist es auffallend ruhig. Sehr angenehm. Für einen kurzen Blick auf die Lippe ist Zeit. Die neue Brücke trägt den Namen einer der Partnerstädte, Salford-Brücke. Teile der alten Brücke wurden in direkter Nachbarschaft hingestellt. Bei Dunkelheit werden sie illuminiert.

Die nächsten Haltepunkte: Bäckerstr., Spormeckerplatz, Südbahnhof, Osterfeld. Was ist jetzt los? An der Haltestelle „Osterfeld“ fährt der C 14 durch. Niemand steigt aus, keiner will rein. Aber dann: Am Haltepunkt „Seelhuve“ steigt jemand aus. Ich zähle kurz durch. Wir sind jetzt noch 11 Fahrgäste, ohne Busfahrer. An der Lützowstr. steigt noch einer aus. Da waren wir nur noch 10. In Lünen-Süd, Jägerstr., verzeichnen wir zwei Abgänge und zwei Zugänge. Eine Frau lässt sich, schwer bepackt, auf einen Sitz fallen. Sie scheint wütend zu sein, schüttelt den Kopf und presst die Worte hervor: „Das glaub‘ ich jetzt nicht.“ Schon an der nächsten Haltestelle verlässt sie uns wieder. Ist sie in die falsche Linie gestiegen?

Lünen-Süd, Bürgerplatz

Just, als wir von der Haltestelle losfahren, kündigt sich ein Notfall-Rettungsfahrzeug an. Wir fahren ganz langsam und lassen die Rettung durch, wie es sich gehört. Weiter geht es über Lutherstr., Camminer Weg, Stettiner Weg, Diekenbruch zum Bahnhof-Preußen. Leider verzeichnen wir hier zwei Abgänge, aber keine neue Kundschaft. Hoffentlich bin ich nicht bald allein im Bus. So wie Kevin.

Horstmar, Scharnhorststr.

An der rechten Seite entdecke ich die Bäckerei Ayyildiz. Dort wird mit Liebe gebacken, heißt es. Das nächste Mal steige ich hier aus und mache ein Päuschen. Auf Facebook habe ich mir schon etwas Appetit geholt. Sieht alles sehr, sehr lecker aus. In Horstmar kommen wir am ehamligen Streitobjekt „Kleinbecker Park“ vorbei. Neue Wohnungen sind entstanden. Etwas Park ist auch noch übrig. Der Kleinbecker Park tut dem Klima gut, hieß es. Die entstandenen Wohnungen tun den Menschen bestimmt auch gut. An der HS „Asternweg“ fahren wir ohne Halt durch. Kein Bedarf. Das gilt auch für den nächsten Halt Niederaden-Brüderweg. Null Abgang, kein Zustieg.

Niederaden – „In der Heide“, „Im Dorf“, „In der Bauget“, „Im Erlensundern“,

Bilde ich mir das nur ein? Je näher wir nach Dortmund kommen, desto weniger werden wir im Bus. Mittlerweile sind wir in der Bierstadt. Genau gesagt in Lanstrop. An der HS Lanstrop-Gürtlertsr. verlassen uns gleich vier aus der Nahverkehrs-Community. Niemand steigt zu. Wir sind jetzt nur noch zu zweit, plus Fahrer. Herrliche Ruhe. Der Himmel bezieht sich etwas. In Lanstrop-Hinnenberg kehren wir glaube ich, wieder um.

Asternweg

An der Haltestelle „Asternweg“ erfahre ich die nackte Wahrheit.

Sehr auffällig. Auf dem Hinweg fuhr der C 14 am „Brüderweg“ durch. Keiner raus, keiner rein. Jetzt steigen gleich zweieinhalb zu. Ein Paar mit Kleinkind. Es sitzt bei Papa auf der Schulter. Das Kind hat viele Fragen, die Papa fast alle beantworten kann. Nach fünf Minuten ist das Kind zufrieden. Jetzt ist die Mutter dran. Sie beginnen einen angenehmen, aber unbedeutenden Dialog.

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So lese ich es im Infoticker im Bus. Die Kurznachricht für den eiligen Fahrgast. Und was mache ich jetzt damit? Ich entscheide mich dafür, nicht weiter darüber nachzudenken. Lieber gucke ich raus und lasse die neue Gegend auf mich einwirken. Wir sind wieder am Preußen-Bahnhof. Zwei springen raus, zwei steigen zu. Der Fahrer macht gerade anstalten loszufahren, da kommen noch zwei junge Typen angesprintet. Der Buspilot hat ein Herz und nimmt sie mit. Wir werden wieder voller, je näher es an die Stadtmitte Lünens geht. Am „Camminer Weg“ verzeichnen wir einen Neuzugang. Die Dame setzt sich hin, packt ihr Buch aus. Ich erkenne den Titel: Melanie Raabe: Die Wahrheit. Zur Wahrheit gehört auch, dass meine Ominbus-Kreuzfahrt bald endet.

Restmüll

An der Haltestelle Lünen-Süd, Heinestr., steht eine Restmülltonne. Muss sie dort wirklich stehen? Könnte man vielleicht woanders platzieren. Ich habe mitgezählt. Bis zur „Seelhuve“ auf der Rückfahrt müssten es sechsundvierzig Haltestellen gewesen sein. Am Haltepunkt „Osterfeld“ steigen drei junge Männer zu. Sie senken den Altersdurchschnitt deutlich. Wir sind jetzt schätzungsweise 15 Fahrgäste.

Lünen, Spormeckerplatz

Am „Spormeckerplatz“ steige ich aus. Es ist 12:42 Uhr. Knapp 1 1/4 Stunde mit der C 14 von Lünen bis Dortmund-Lanstrop. Ein Erlebnis, was man nicht alle Tage hat.

Fazit

Einfach mal Bus fahren. Das lohnt sich. Man sieht Dinge, die man sonst nie sehen würde, wäre man zum Beipiel mit dem Auto unterwegs. Das besondere an der Busrundreise war, dass es nichts besonderes ist. Der stoische Busfahrer, die Bäckerei, in der mit Liebe gebacken wird, die Frau, der es gelingt, sich im Bus auf einen Krimi zu konzentrieren, während eine andere total genervt uns wissen lässt, dass sie etwas nicht glaubt. Witzige Plakate wie die nackte Wahrheit oder die etwas deplatzierte Mülltonne. Vielleicht ist ja Busfahren die Lösung…

2 Kommentare zu „Ein Herz für Busse C 14“

  1. Hallo ihr beiden,
    sehr interessant, was man alles erleben kann, wenn man mit dem Bus fährt.
    Das motiviert auch mal mit dem Bus zu fahren, sich Zeit zu nehmen und die Aussicht zu genießen. Hätte ich von dieser Busexkursion gewusst, wäre ich glatt mitgefahren.

    Ich ziehe es durchaus in Betracht, eine Busfahrt durchs angrenzende Münsterland zu unternehmen. Danke für diesen motivierenden Beitrag und herzhaften Appetit, falls die Bäckerei mit Herz angesteuert wird!

    Viele Grüße vom Dorf vor Selm

    1. Ewald Oschmann

      Guten Morgen Schwester Martina,

      vielen Dank für die Rückmeldung. Weitere Omnisbusmitfahrten sind geplant. Busfahrten durch das Münsterland sind extrem empfehlenswert.
      Besonders die aufstrebenden Megadörfchen Davensberg und Capelle sind für den Öffentlichen Personenbusverkehr wahnsinnig interessant. Seit
      Jahren setze ich mich daher für eine schnellere Anbindung an das hiesige Verkehrsnetz an das Dorf aus Selm ein.

      Auch hoffe ich, dass gerade und besonders in Capelle mit Liebe gebacken wird. Soweit bekannt, backen die immer noch mit Mehl.

      Viele Grüße aus dem Dorf vor oder hinter Selm. Kommt ja darauf an, von wo aus der Bus kommt…

      Horst
      Der mit dem Bus fährt

      PS. Geheimtipp ist der Busbahnhof in Bergkamen. Dazu demnächst mehr im Blog.

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